Schule fertig – und jetzt?

Die Stiftung Märtplatz in Freienstein lanciert das erste Brückenangebot für Jugendliche mit psychischen und sozialen Schwierigkeiten. Psychische Belastungen bei Minderjährigen haben seit der Pandemie zugenommen und beschäftigen Eltern, Schulen und Institutionen. Die Stiftung Märtplatz möchte psychisch belasteten Jugendlichen eine Chance geben und sie mit ihrem neuen, innovativen Angebot «Üeins» auf ihrem Weg von der Schule in die berufliche Ausbildung begleiten.

Der Wechsel von der Schule in die Berufsausbildung stellt für Jugendliche mit psychischen Belastungen eine grosse Hürde da. Die Gefahr, dass sie nach der Schule keine Anschlusslösung finden, sei es nun in einer Ausbildung oder einem Motivationssemester, ist gross. Auch fehlen Therapieplätze für Jugendliche, die Wartelisten sind entsprechend lang. Für psychisch belastete Jugendliche (ab 14 Jahren) hat die Stiftung Märtplatz nun ein neues Brückenangebot entwickelt: «Üeins – von der Schule in den Beruf». Es startet nach den Sommerferien.

«Es gibt bisher nur ganz wenige spezifische Angebote für Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf», sagt Kuno Stürzinger, Geschäftsleiter der Stiftung Märtplatz. «Diese sind aber sehr wichtig, damit es keinen Unterbruch nach der obligatorischen Schulzeit gibt. Denn je länger ein solcher Unterbruch dauert, desto schwieriger wird der Wiedereinstieg in ein schulisches oder berufliches Umfeld. Frühinterventionen verringern das Risiko für einen steigenden Unterstützungsbedarf.»

Schnuppereinsätze im ersten Arbeitsmarkt

Eigene Stärken entdecken und entwickeln, Selbstverantwortung lernen, fit für die Berufswahl werden, Schnuppereinsätze: Das und noch vieles mehr bietet das Motivationsjahr Üeins. Es bietet eine sinnstiftende Tagesstruktur bis zum Beginn einer Berufsausbildung oder einer weiteren Anschlusslösung. Das Leitungsteam des Üeins ist agogisch geschult und bringt langjährige Erfahrung im Umgang mit psychisch belasteten Jugendlichen mit.

Die Jugendlichen absolvieren Schnuppereinsätze im ersten Arbeitsmarkt, um Klarheit in der Berufswahl zu erlangen. Ergänzend sind Schnupperwochen in den betriebseigenen Werkstätten in neun verschiedenen Berufsfeldern möglich. Dabei werden sie von Lehr- und Bezugspersonen individuell begleitet. Neben der Arbeit in der Werkstatt oder im Atelier werden schulische Lücken aufgearbeitet, Bewerbungsunterlagen erstellt und Bewerbungsgespräche trainiert.

«Brückenangebote sind wichtig»

Wie anspruchsvoll eine Berufslehre für Jugendliche mit psychischen Problemen ist, zeigt auch die Studie «Umgang mit psychisch belasteten Lernenden» (1) des Gesundheitsdepartement Basel-Stadt und dem Kompetenzzentrum WorkMed der Psychiatrie Baselland. 6‘365 Berufsbildner*innen aus der Deutschschweiz beteiligten sich an der Umfrage. «60 Prozent der Lernenden wurden als psychisch belastet eingeschätzt, ein Drittel war während der Ausbildung in psychotherapeutischer Behandlung», sagt Kuno Stürzinger. «Brückenangebote wie «Üeins» und geschützte Berufslehren sind deshalb wichtig.» Das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation, SBFI möchte, dass 95% aller jungen Menschen bis 25 Jahren einen Abschluss auf der Sekundarstufe II erreichen. Bis heute wird dieses Ziel klar verfehlt, erst 90.1% aller jungen Menschen haben einen Berufsabschluss. Ohne die geschützten Berufslehren und Coaching für Menschen mit psychotherapeutischem und heilpädagogischem Unterstützungsbedarf wird die 95% Hürde nicht erreicht.

Interviews/Infos: Für die Koordination von Interviewwünschen oder weiteren Anliegen steht Ihnen Frau Andrea Sailer, Leiterin Administration und Kommunikation, gerne zur Verfügung. Dies unter Telefon 044 865 52 22, 079 541 68 05 oder per Mail a.sailer@maertplatz.ch.

(1) Quelle: Eine Befragung von Berufsbildner*innen in der Deutschschweiz, Umgang mit psychisch belasteten Lernenden vom 30.03.2022, WorkMed, Psychiatrie Baselland, Fachliche Leitung; Gesundheitsdepartement Basel-Stadt, Projektleitung; Erziehungsdepartement Basel-Stadt, Mittelschulen und Berufsbildung, Gewerbeverband Basel-Stadt, Arbeitgeberverband Basel, Stiftung Rheinleben